Verstopfter Bachdurchlass forderte die Feuerwehr über 16 Stunden
Am Abend des 22. Januar 2006 wurde die Unterstützung der Freiwilligen Feuerwehr Rückersdorf von der Gemeindeverwaltung angefordert. Bereits seit dem Nachmittag war zu beobachten, dass der Gemeindegraben vor dem Kiefernsteig, wo der Bach ca. 100 Meter durch ein unterirdisches Röhrensystem geleitet wird, nicht richtig abfloss. Da sich oberhalb dieses Wasserdurchlasses mit einem Innendurchmesser von 1,20 Meter mehrere Häuser befinden wurde keine Zeit verschwendet und vorsorglich ein Kanalreinigungsunternehmer zur TV-Kanaluntersuchung angefordert.
Direkt unter diesem Wohnhaus führt der Bach in den unterirdischen Durchlass
Das Kanalreinigungsunternehmen konnte mit seiner Spezialkamera zunächst nur entgegengesetzt der Flussrichtung des Baches von Süden her in das Röhrensystem eindringen, weil der Wasserspiegel auf der Nordseite bereits zu hoch angestiegen war. Da der Untersuchungsroboter hier nach ca. 40 Metern an eine unüberwindbare Stufe stieß und bis dahin keine Beschädigungen in dem unterirdischen Durchlass feststellen konnte, wurde um 18.11 Uhr die Feuerwehr alarmiert, um den Bachlauf abzupumpen und so ein Vordringen von Norden her zu ermöglichen.
Blick unter das Gebäude, das völlig freitragend über dem Bach errichtet wurde
Der Einsatz der Feuerwehr beschränkte sich zunächst auf den Aufbau einer einseitigen Straßensperrung samt Verkehrsregelung, das Ausleuchten der gesamten Einsatzstelle und das Abpumpen eines Großteils des angestauten Gemeindegrabens. Um der Wassermassen Herr zu werden mussten hierzu eine Tragkraftspritze TS 8/8 und zwei Tauchpumpen über Stunden eingesetzt werden.
Im Laufe der Abpumparbeiten kam eine flussabwärts wohnende Nachbarin, die den Einsatzkräften meldete, dass ihr gesamtes Kellergeschoss etwa 15 cm hoch unter Wasser stehe. Sofort wurde ein Gruppenführer zur Lageerkundung entsandt.
Tragkraftspritze TS 8/8 im Einsatz, großflächig wurde das Areal mit mehreren Stativen ausgeleuchtet
Die Meldung bestätigte sich und so wurde eine Staffel mit dem Tanklöschfahrzeug und zwei Wassersaugern an die neue Einsatzstelle beordert.
Durch den Einsatz der drei Pumpen sank der Wasserpegel, wenn auch nur sehr zögerlich, an der ürsprünglichen Einsatzstelle ab, so dass der Einlauf zum betonierten Durchlass für das Kanalreinigungsunternehmen nach geraumer Zeit zugänglich wurde. Aufgrund der äußeren Umstände (minus 10° Außentemperatur) und der Tatsache, dass von Süden her kein Weiterkommen für den Untersuchungsroboter bestand wurde in Rücksprache mit der Gemeinde umentschieden, die Kanaluntersuchung von Norden her auf den nächsten Vormittag zu verschieben. Die nachströmende Wassermenge bereitete hier keinerlei Grund zur Sorge, da das im Graben angestaute Wasser bereits fast vollständig in den Abwasserkanal umgepumpt worden war und somit genügend Puffer gegen ein mögliches Überlaufen des Bachlaufes in der selben Nacht erreicht worden war.
Neue Einsatzstelle: Keller unter Wasser
Schwieriger stellte sich die Situation hingegen im überfluteten Kellergeschoss dar. Die eingedrungenen Wassermengen konnten mit den beiden Wassersaugern zwar aufgenommen werden, jedoch drang immer wieder neues Wasser an mehreren Stellen der Bodenplatte in die Kellerräume ein. Es wurde daher vermutet, dass der Wassereintritt in direktem Zusammenhang mit der Verstopfung des Gemeindegrabens liegt. Vermutlich war ein Teil des fast 40 Jahre alten Rohrsystems eingestürzt oder auch einfach nur verstopft, so dass sich das angestaute Wasser, wenn auch nur in geringen Mengen, einen neuen Weg, durch den betonierten Kellerboden bahnt. Die genaue Ursache sollte die für Montagmorgen angesetzte TV-Kanal-Analyse zum Vorschein bringen.
In Rücksprache mit der Hausbesitzerin wurde entschieden, den Kellerraum, in dem der Wassereintritt stattfand, durch Sandsäcke vom übrigen Kellergeschoss abzutrennen und ihr vorsorglich einen Wassersauger der Feuerwehr bereitszustellen. Nach dem Abschluss der Aufräumarbeiten konnten die drei eingesetzten Fahrzeuge um 22.50 Uhr ihren Einsatz am Standort zunächst beenden.
Eingesetzte Kräfte (22.01.2006):
KBM Barth, KBM Krug
FF Rückersdorf mit TLF 16/25, LF 8, RW 1
Gemeinde Rückersdorf
Kanalreinigungsunternehmen mit 1 Fahrzeug
Polizei
Schon um 08.08 Uhr des darauffolgenden Morgens wurde die Freiwillige Feuerwehr Rückersdorf erneut zur Einsatzstelle gerufen. Der Bachlauf hatte sich erneut angestaut und durch die Druckerhöhung in der unterirdischen Röhre stieg auch der Wassereintritt im Kellergeschoss des Wohnhauses wieder an, so dass der verbliebene Wassersauger rasch überfordert war. Mit einer Tauchpumpe und einem weiteren Wassersauger konnten die nachströmenden Wassermengen in den Kanal abgeleitet werden. Ohne eine Beseitigung der ursächlichen Verstopfung konnte der Wassereintritt aber nicht unterbunden werden.
Der TV-Kanaluntersuchungsroboter wird erneut auf seinen Einsatz vorbereitet
Das ebenfalls wieder anwesende Kanaluntersuchungsunternehmen bereitete sich inzwischen auf die neuerliche TV-Kanaluntersuchung vor und begann parallel über einen Absaug-LKW das angestaute Wasser in das Kanalsystem abzuleiten. Die Pumpleistung des LKW’s reichte hierzu keineswegs aus und so kamen nach und nach zwei Tauchpumpen der FF Rückersdorf und eine Chiemsee-Schmutzwasserpumpe, die von der Nachbarfeuerwehr aus Röthenbach organisert wurde, zum Einsatz.
Diesmal gelang es dem Untersuchungsroboter zusammen mit einem Arbeiter von Süden her über die Stufe hinweg bis zu der etwa 75 Meter flussaufwärts liegenden Verstopfung vorzudringen. Die Bildübertragung brachte die Ursache hierfür ans Tageslicht.
Auf diesen beiden Bildern ist deutlich zu erkennen, warum der Gemeindegraben am Weiterfließen gehindert wurde. Verbotenerweise war der Kanalanstich eines Wohnhauses durch die 1,20 Meter breite Röhre verlegt worden, ein Brett hatte sich daran verfangen und nun stauten sich über mehrere Meter Äste, Laub und Gerümpel an. Auch die Ursache für den Wassereintritt konnte festgestellt werden: das Rohrsystem bestand an dieser Stelle nicht wie zunächst vermutet aus Beton, sondern aus zwei Halbschalen aus Wellblech, die gegeneinander verschraubt waren. Durch den hohen Wasserdruck wurden die beiden Halbschalen auseinander gedrückt, so dass das Wasser hier ungehindert ins Erdreich und von dort weiter in den Keller abfließen konnte.
Fotos: mit freundlicher Genehmigung der Fa. Karei
Nun stellte sich das Problem der Beseitigung des Propfens. Ein Entfernen von unten durch die Arbeiter barg die Gefahr, dass diese von einer Flutwelle des angestauten Wassers mitgerissen würden und schied somit aus. Grabenaufwärts war der Wasserspiegel in der abschüssigen Röhre so hoch, dass hier niemand tätig werde konnte. So wurde zunächst versucht, von oben her mit Wasserhochdruck die Verstopfung zu lösen, was aber nicht im Geringsten funktionierte.
Der Absaugwagen der Fa. Karei
Die verwendete Chiemsee-Schmutzwasserpumpe
Daraufhin wurde der Versuch unternommen, unter Beobachtung durch den Roboter das gleiche Prinzip von unten her einzusetzen uns so ein kleines Loch in der Verstopfung zu erzeugen, damit das Wasser ablaufen kann. Diese Methode brachte dann den gewünschten Erfolg und als die Wassermassen abgelaufen waren, konnten ein Arbeiter der Fachfirma und ein Feuerwehrmann mit einer Bügelsäge und einer Brechstange der restlichen Verstopfung den Garaus machen.
Nachdem das gesamtes Kellergoschoss in das aus dem Erdreich immer noch kleine Restmengen an Wasser eindrangen trockengelegt war, konnten alle eingesetzten Kräfte nach weiteren elfeinhalb Stunden diesen langandauernden und sowohl materiell als auch personell äußerst aufwendigen Einsatz beenden. Um in Zukunft derartige Schäden zu vermeiden werden zwingend bauliche Maßnahmen an dem Rohrstystem erforderlich, die Gemeinde Rückersdorf, auch Bürgermeister Wiesner war mehrfach vor Ort, um sich über den aktuellen Stand der Arbeiten umfassend zu informieren, hat sich der Sachlage bereits angenommen. Die Frage nach der Haftung für diesen Zwischenfall wird die Gemeindeverwaltung noch einige Zeit beschäftigen.
Während der Abwicklung dieses Einsatzes erreichte die Feuerwehr um 15.27 Uhr die Meldung über eine Rauchentwicklung in der Hauselektrik eines Rückersdorfer Geschäftshauses. Unverzüglich erkundeten zwei Gruppenführer und ein Elektro-Fachmann der Feuerwehr die Lage, die sich als ein bereits erloschener Schmorbrand in der Beleuchtungsanlage entpuppte und keine weiteren Maßnahmen durch die Feuerwehr erforderte.
Eingesetzte Kräfte (23.01.2006):
KBM Barth, KBM Krug
FF Rückersdorf mit TLF 16/25, RW 1, FR
Gemeinde Rückersdorf
Kanalreinigungsunternehmen mit 4 Fahrzeugen
Bauhof Rückersdorf mit 1 Fahrzeug
Hier noch einige Zahlen zum Einsatz:
– 16 Einsatzstunden für die Feuerwehr über beide Tage hinweg
– 6 Pumpen in Betrieb (3 Tauchpumpen, 1 Tragkraftspritze TS 8/8, 1 Chiemsee-Pumpe, 1 Absaug-LKW)
– 3 Wassersauger parallel eingesetzt
– 9 Fahrzeuge vor Ort (4 Feuerwehr, 4 Fa. Karei, 1 Bauhof)
– 25 eingesetzte Feuerwehrdienstleistende
– 4 eingesetzte Facharbeiter des Kanalreinigungsunternehmens
– 4 Mitarbeiter der Gemeinde (2 Bauhof, Bürgermeister, Bauamtsleiter)
– 1500 m³ Wasser abgepumpt
– 360 Liter Benzinverbrauch für alle eingesetzten Aggregate der FeuerwehrD
Die entstandene Schadenssumme, vor allem in dem völlig durchnässten Mauerwerk des Wohnhauses, die anfallenden Kosten für die Sanierung des Rohrsystemes, sowie die Kosten für den Einsatz des Kanalreinigungsunternehmens können derzeit noch nicht beziffert werden, dürften aber weit im fünfstelligen Euro-Bereich liegen
Bericht: Internet-Team
Fotos: Heiko Kampf & Internet-Team