Feuerwehren beteiligen sich an Internetaktion – Kaltes Wasser, heiße Luft
Im Internet kursieren viele Aufrufe zu skurrilen und mitunter auch gefährlichen Aktionen. Die „Cold Water Challenge“, die nach dem Kettenbrief-Prinzip ungewöhnlichen Einsatz von Feuerwehren verlangt, zählt dazu. Die Rückersdorfer Wehr wollte sich der Sache nicht völlig verschließen, zumal damit eine soziale Einrichtung gefördert wird. Sie hat aber einen gänzlich ungefährlichen Beitrag geliefert.
Die Aktion (ins Deutsche übersetzt: Kalt-Wasser-Herausforderung) greift im Internet inflationär um sich. Trotz kritischer Stimmen von Verantwortlichen – der Kommunale Unfallversicherungsverband etwa will nicht für Verletzungen aufkommen – folgen in ganz Deutschland viele Feuerwehren dem Aufruf, dessen Herkunft unklar ist. Feuerwehrleute sollen sich auf möglichst originelle Weise ins kühle Nass aus Feuerwehrschläuchen stürzen, die Aktion filmen und anschließend die Aufnahme auf das Internetportal Youtube stellen.
Dabei wird ein gewisser Zwang aufgebaut: Wer einen Clip gedreht und eingestellt hat, kann bis zu drei andere Feuerwehren für den Jux-Wettbewerb nominieren. Die Benannten müssen binnen 48 Stunden selbst einen pfiffigen Clip produzieren. Stellen sie kein Video online, sollen sie die nominierende Feuerwehr zum Grillen einladen und 112 Euro an Paulinchen e.V. – Initiative für brandverletzte Kinder – spenden.
Kein generelles Verbot
Kreisbrandrat Norbert Thiel, der oberste Feuerwehrmann im Nürnberger Land, sieht die Sache mit gemischten Gefühlen. Solche Spaß-Veranstaltungen habe es schon immer gegeben, früher seien sie halt nicht im Internet gelandet. Die Entscheidung über die Teilnahme liege bei den einzelnen Kommandanten, er als Aufsicht werde nur dann einschreiten, „wenn der Dienst vernachlässigt wird oder sich jemand gefährdet“. Thiel: „Generell verbieten werde ich das nicht.“
Ein paar Videos hat sich auch der Kreisbrandrat schon angeschaut, „manche sind witzig, manche nicht“. Aber er erkennt an, „dass sich da viele Feuerwehren viel Arbeit machen“. Nur über die Öffentlichkeitswirksamkeit dürfe man sich nicht täuschen, es gebe viel bessere Werbung für den ehrenamtlichen Dienst, „die ‚Cold Water Challenge‘ ist ja in erster Linie Blödsinn“.
Auch der Rückersdorfer Feuerwehrkommandant Heiko Kampf sieht die Internet-Herausforderung durchaus kritisch. Aber: Die Rückersdorfer Wehr war von der Behringersdorfer für die Teilnahme nominiert worden. Was tun?
Kreative Rückersdorfer
Kurzfristig starteten die Rückersdorfer eine Aktion, mit der sie die Vorgaben der „Cold Water Challenge“ mitnichten erfüllen, aber die Unterstützung für Paulinchen sogar übererfüllen. Sie verbrauchten ein bisschen Sprit, um die Einsatzfahrzeuge aus dem Geräthaus in den unmittelbar angrenzenden Gemeindebauhof zu rangieren. Dort waren einfach bessere Voraussetzungen für den Video-Dreh. Und dann kam die Überraschung: Vor der Fahrzeugkulisse wurde ein Löschwasser-Faltbehälter aufgestellt, aber es floss kein einziger Tropfen Wasser. Aktive aus Jugend- und Erwachsenen-Wehr stiegen hinein. Ein am Vortag flugs gebasteltes Show-Thermometer kletterte per Seilzug auf einen Temperaturwert, der weitab von „Cold Water“ liegt. Quasi: heiße Luft.
Dann reckten im trockenen Bassin Hände ein Schild hoch, auf dem stand, dass die Freiwillige Feuerwehr Rückersdorf 300 Euro spendet. Dieser Betrag wurde kurzfristig gesammelt und könne durch weitere Spenden vielleicht sogar noch steigen, so Kommandant Kampf (Die Rückersdorfer Wehr sammelte insgesammt 360,– Euro. Dieser Betrag wurde durch die Sparkasse Nürnberg um weitere 200,– Euro aufgestockt, Anmerkung FF Rückersdorf). Den Teilnehmern hat die Aktion Spaß gemacht – und sie haben das gute Gefühl, nicht über die Stränge geschlagen zu haben.
Die Behringersdorfer Feuerwehr wird durch diese Aktion keine spezielle Grillparty erleben. Braucht’s auch nicht, meint Kampf. Die Zusammenarbeit funktioniere dienstlich und gesellig auch auf anderer Ebene gut.
Der Dreh ist unter www.youtube.com/watch?v=Pn2Wm9jcrnA im Internet zu sehen. Auf dem Portal finden sich auch Clips anderer Feuerwehren aus dem Nürnberger Land, von Beerbach bis Neuhaus.
Bericht: Thomas Kohl (n-land vom 18.06.2014)
Fotos: Thomas Kohl